Definition
Die anthroposophische Medizin ist ein komplementäres, sämtliche medizinischen Fachrichtungen umfassendes therapeutisches System. Es beinhaltet spezielle Krankenpflegetechniken, naturbasierte Medikamente, besondere Therapieformen wie die Eurythmie, rhythmische Massagen und künstlerische Therapien. Der individuellen Biografie des Patienten und seiner psychotherapeutischen Behandlung wird dabei grosse Bedeutung beigemessen.
Herkunft
Anthroposophische Behandlungen spiegeln die anthroposophische Sicht auf den Menschen wider. Dies deutet der Begriff Anthroposophie (griechisch für Wissen vom Menschen) bereits an. Begründet wurde die weltanschauliche Richtung Anfang des 20. Jahrhunderts von Rudolf Steiner (1861 – 1925) und der Medizinerin Ita Wegmann (1876 – 1943).
Die anthroposophische Therapie baut auf der modernen, naturwissenschaftlich orientierten Schulmedizin auf. Daher müssen anthroposophische Ärzte zuvor ein normales Medizinstudium absolviert haben. Auch anthroposophische Pflegefachkräfte verfügen über eine Ausbildung zur Pflegefachkraft als Grundlage.
Die anthroposophiebasierte Medizin wurde seit ihrer Anfangszeit kontinuierlich weiterentwickelt und ist insbesondere im deutschsprachigen Raum weitverbreitet. Weltweit gibt es 22 anthroposophische Kliniken und unzählige Arztpraxen.
Grundlagen
Die anthroposophisch orientierte Medizin ist eine ganzheitliche Medizin und soll die schulmedizinischen Therapien sinnvoll ergänzen. Der Mensch wird als physisches, psychisches und geistiges Wesen begriffen. Daher muss die Behandlung auf alle drei Aspekte des Menschseins ausgerichtet sein, also auf einem umfassenden Menschenverständnis basieren.
Weil die therapeutische Richtung lebensnah und patientenzentriert ist, fand sie Eingang in die verschiedensten medizinischen Fachrichtungen wie Kardiologie, Onkologie, Pädiatrie, Psychiatrie und Neurologie. Die anthroposophischen Therapieverfahren werden je nach medizinischer Indikation ausgewählt und ergänzen einander optimal. Auch die Herstellung der Arzneimittel unterliegt den Grundsätzen des anthroposophischen Verständnisses von der Welt und dem Menschen.
Daher sind ihre Ausgangsmaterialien und Rohstoffe ausschliesslich natürlicher Herkunft. Sie werden unter Zuhilfenahme von Pflanzenteilen, Metallen, Mineralien, tierischer Organteile und Teilen bestimmter Insekten (Bienen) zusammengestellt. Wurden sie homöopathisch erzeugt, fallen sie unter die Richtlinien, die für homöopathische Arzneimittel gelten.
Die pharmazeutischen Prozesse bei der Herstellung entsprechen immer noch den seinerzeit von Steiner festgelegten Verfahren. Sie sind im Schweizer Arzneibuch (Ph. Helv.), Homöopathischen Arzneibuch Deutschlands (HAB) und der Europäischen Pharmakopöe (Ph. Eur.) detailliert beschrieben. Heute praktizierende anthroposophische Ärzte greifen oft auf die von Rudolf Hauschka entwickelten Pharmazeutika zurück.