Definition
Ganzheitliche Behandlungsmethoden betrachten den Menschen und seine umgebende Natur in umfassenden Zusammenhängen.
Eine Behandlungsmethode gilt als ganzheitlich, wenn sie nicht nur ein einzelnes Krankheitsbild isoliert betrachtet, sondern davon ausgeht, dass es sowohl im Organismus als auch zwischen Organismus und Psyche sowie zwischen Mensch und Umwelt diverse Wechselwirkungen gibt, die nicht nur zu beachten sind, sondern die sogar die Basis für die Behandlung darstellen.
Die Schulmedizin greift diesen Aspekt im Rahmen der Psychosomatik auf. Ebenso verfolgen die verstehende Psychologie und die biopsychosoziale Medizin dieses Konzept. Die sehr moderne medizinische Kybernetik wendet ganzheitlich system- und nachrichtentheoretische, konnektionistische und entscheidungsanalytische Konzepte für die klinische Medizin und die biomedizinische Forschung an.
Die WHO nimmt schon seit 1946 die ganzheitliche Sichtweise ein. Sie beschreibt Gesundheit als Zustand eines vollständigen körperlichen, sozialen und geistigen Wohlergehens. Die Abwesenheit von Krankheiten sei nicht der einzige Aspekt, so die Weltgesundheitsexperten.
Herkunft
Die Philosophie beschäftigte sich seit der Antike mit dem Wechselspiel von Ganzem und Teilen und bezog dies auch auf die Medizin. Erasmus von Rotterdam beschrieb 1518 in seiner Schrift „Lob der Heilkunst“ die Medizin als Kunst, die den ganzen Menschen betrachten müsse.
Auch Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832) betrachtete Krankheiten noch ganzheitlich. Die Schulmedizin ging später allerdings andere Wege. Spätestens im 19. Jahrhundert fokussierten Ärzte mit zunehmendem Wissensstand eher auf Teilaspekte und damit auf einzelne organische oder auch psychische Erkrankungen. Dennoch gerieten ganzheitliche Zusammenhänge nie ganz aus dem Blickfeld, zumal man auch äußere Ursachen wie mangelnde Hygiene ebenso wie depressive Verstimmungen (damals noch „Schwermut“) als krankheitsauslösend erkannte.
Unter dem Eindruck solcher Erkenntnisse formierte sich parallel zur modernen Schulmedizin schon im 19. Jahrhundert eine ganzheitliche Bewegung, die ihre Zentren in Frankreich und Deutschland hatte. Sie stellte Fragmentierung und Mechanismus in der modernen Medizin infrage.
Ein Protagonist war der Wiener Philosoph Christian von Ehrenfels, der immer wieder auf die Beziehungen von Elementen (auch biologischen) untereinander verwies, die zu einem strukturierten Ganzen führen. Aus solchen Strömungen entwickelte sich parallel zur Schulmedizin die moderne ganzheitliche Medizin.
Grundlagen
Im 21. Jahrhundert betrachtet die ganzheitliche Medizin den Menschen als nach offenes System mit inneren und nach außen gerichteten wechselseitigen Beziehungen. Einwirkende Faktoren sind demnach die eigene Person mitsamt Körper, Psyche und Seele, das soziale Umfeld, das natürliche Umfeld, das künstliche Umfeld (Wissenschaft und Technik) sowie die Religion bzw. gleichgelagerte Glaubensbekenntnisse. Eine Gesundung kann nur einsetzen, wenn die Einflüsse aus sämtlichen Umfeldern miteinander in Einklang gebracht werden.