Definition
Die intermediale Therapie gehört zur Kunsttherapie, die sich vor über 100 Jahren entwickelte. Intermedial heißt sie, weil sie alle oder sehr viele Kunstdisziplinen kombiniert oder im Wechsel zu therapeutischen Zwecken einsetzt.
Herkunft
Verschiedene kunsttherapeutische Ansätze entwickelten sich nach 1910. Dabei ließen Künstler als Therapeuten Erkenntnisse der Psychotherapie, Pädagogik oder Psychiatrie einfließen. Umgekehrt wandten künstlerisch begabte und affine Therapeuten Mittel der Kunst für ihre Arbeit am Patienten an.
Schließlich entstand die Kunsttherapie als eigenständige Therapieform. In Europa griff die anthroposophische Medizin nach 1920 die künstlerischen Therapieformen auf. Vorreiter gab es in der Schweiz und in Deutschland. Anfangs wurden vorrangig Psychiatriepatienten damit behandelt, ein Pionier war Hans Prinzhorn (1886 – 1933). Er veröffentlichte ein Buch mit Bildern, die seine Patienten gemalt hatten. Prinzhorn wirkte an der Universitätsklinik Heidelberg.
Eigenständige Ansätze entstanden in den USA, hier machte sich Margaret Naumburg (1890 – 1983) sehr verdient. Sie entwickelte ab 1940 die Kunsttherapie für Kinder. Edith Kramer war eine Künstlerin, die psychisch kranke Jugendliche mit „Kunst als Therapie“ behandelte und darüber auch publizierte. Ihr gleichnamiges Buch aus dem Jahr 1971 gilt heute als Standardwerk. In den 1970er-Jahren entwickelte schließlich der Schweizer Therapeut und Künstler Paolo Knill gemeinsam mit Norma Canner und Shaun McNiff eine mehrere Künste zusammenfassende Therapieform, die er „Expressive Arts Therapy“ nannte.
Diese gilt als Ursprung des modernen intermedialen Therapieansatzes. 1984 gründete Knill eine Internationale Schule zur Vermittlung dieser Therapie, aus der die heute noch bestehende Stiftung EGIS hervorging. In der Schweiz können Therapeuten für diese Therapierichtung seit 2011 einen eidgenössisch anerkannten Abschluss erwerben.
Vorgehensweise
Die Patienten üben während ihrer Therapiesitzungen und auch allein verschiedene Kunstformen aus. Diese können sie auch miteinander kombinieren. Durch die spezifischen Modalitäten einzelner Kunstdisziplinen wie Bilder, Klänge, Worte oder Handlungen wird das Wahrnehmungssystem sensibilisiert und aktiviert. Zudem stärken das Spiel und die Kreativität vorhandene Ressourcen und zeigen neue Perspektiven auf.
Ein wichtiges Prinzip heißt „intermodale Dezentrierung“. Dabei sollen sich Patienten zeitweise von ihren alltäglichen Problemen, Ausdrucksweisen und Fragestellungen distanzieren, indem sie sich künstlerisch beschäftigen. Sie erhalten dadurch einen Gestaltungsraum für neue Wege. Als therapeutisch wirksam gilt der Effekt, dass sich die Imagination der Patienten frei entfalten kann.