Definition
Die myofunktionelle Therapie (kurz MFT) überwindet therapeutisch eine muskuläre Bewegungs- und Muskelspannungsstörung im Mund- und Gesichtsbereich. Die Störung hat keine organischen, sondern funktionelle Ursachen: Das Muskelgleichgewicht ist gestört.
Anwendung
Die Patienten erlernen im Verlauf der Therapie eine korrekte Zungenruhelage. Das bedeutet: Ihre Zunge liegt am Gaumen und hinten an den Schneidezähnen locker an. Das ist die normale Zungenlage von nicht betroffenen Personen. Ebenfalls ist ein korrektes Schluckmuster zu erlernen, bei dem die Zunge während des Schluckens nach hinten gerichtet ist.
Weitere Ziele sind der Aufbau eines normalen Lippentonus, damit sich der Mund ohne Hilfsmuskulatur schließt, eine allgemeine Normalspannung (Eutonisierung) der Gesichtsmuskulatur und der Übergang von der Mundatmung, zu der Betroffene durch ihre schlaffe Mund- und Lippenmuskulatur tendieren, hin zur Nasenatmung.
Grundlagen
Für die Therapie existieren verschiedene Konzepte. Den Begriff der myofunktionellen Therapie prägte in den 1970er-Jahren der US-Arzt Daniel Garliner. Im deutschsprachigen Raum trug die Reutlinger Logopädin Anita Kittel zur Weiterentwicklung Garliner-Konzepts bei. Während der Therapie kooperieren KieferorthopädInnen, LogopädInnen und PhysiotherapeutInnen miteinander. Es geht auch um die Entwicklung einer besseren Sprechfähigkeit und um das Abgewöhnen schlechter Angewohnheiten.
Bei Kindern sind dies übermäßiger und zu langer Schnullergebrauch sowie Daumenlutschen. Des Weiteren wird ein gezieltes Muskeltraining verordnet. Dieses soll ein muskuläres Gleichgewicht zwischen der Zunge, dem Kiefer und der Gesichtsmuskulatur herstellen. Die Krankenkassen (gesetzlich und privat) übernehmen die Kosten. Ein spezielles Konzept basiert auf der Unterstützung durch eine kieferorthopädische Abschirmtherapie. Hierbei kommen spezielle kieferorthopädische Geräte zum Einsatz, welche gezielt die Lippen-, Zungen-, Wangen- und Kaumuskulatur stimulieren. Das bekannteste Beispiel solcher Geräte ist die Mundvorhofplatte, die einfach aufgebaut ist und sehr effektiv wirkt.
Am meisten hat sich ihr Einsatz im Vorschulalter bewährt. Sie gewöhnt den Kindern nicht nur das Daumenlutschen, sondern auch das Lippenbeißen und -saugen sowie die Mundatmung ab. Gleichzeitig korrigiert sie Zungenfehllagen. Sie liegt lose vor den Zähnen hinter den Lippen, wo sie durch Anspannung der Muskulatur von Mund und Lippen den natürlichen Mundschluss fördert. Besonders die Mundatmung verschwindet damit recht schnell.
Sollte ein falsches Schluckmuster vorliegen, hilft ein zusätzliches Zungengitter. Beide Geräte fertigen Kieferorthopäden bei Bedarf individuell an, doch es gibt sie auch kostengünstig als vorgefertigte Produkte.