Definition
Als Psychomotorik wird einerseits der Zusammenhang zwischen psychischen und motorischen Prozessen bezeichnet, andererseits handelt es sich um eine Therapieform, die diesen Zusammenhang nutzt. Da der menschliche Organismus einheitlich funktioniert, ist dieser Zusammenhang evident. Mit psychomotorischen Ansätzen und Konzepten ist eine Entwicklungsförderung in allen Altersstufen möglich.
Anwendung
Es gibt wie erwähnt inzwischen jüngere Ansätze. 1976 gründete sich ein Aktionskreis für die Fachrichtung, die zudem akademisiert wurde: In Marburg gibt es einen Studiengang „Motologie“, das Dortmunder „Ernst-Kiphard-Berufskolleg“ ist die erste Fachschule für Motopädie. Die DGfPM ist eine Gesellschaft für das Fachgebiet, welche mit Vernetzungen und Kooperationen die Praktizierenden unterstützt.
Diese behandeln nach wie vor diagnostizierte Bewegungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten mit dem ursprünglichen Konzept von Spiel und Bewegung. Therapiert werden zudem auch bei Erwachsenen oder Jugendlichen emotionale Probleme und Schwierigkeiten in Partnerschaftsbeziehungen. Die Therapie richtet sich auf die Förderung der Selbstständigkeit und der motorischen Geschicklichkeit, der sozialen Kompetenz, des Selbstvertrauens und der Verhaltensregulation.
Grundlagen
Die Grundlagen für die Therapieform schuf Ernst John Kiphard (1923 – 2010) ab den späten 1950er-Jahren. Er arbeitete zunächst mit Kindern, deren Entwicklungsprobleme und Verhaltensauffälligkeiten er mit einer motorischen Förderung therapierte. Er setzte gezielt Sport ein, wandte sich aber entschieden gegen eine strikte Leistungsorientierung.
Daher vermittelte er nicht vorrangig motorische Fertigkeiten, sondern nutzte die Bewegung zur Harmonisierung und Stabilisierung von kindlichen Persönlichkeitsstrukturen. Hierzu dienten ihm motivierende, spielerische Bewegungserfahrungen. Die Kinder nahmen die Angebote mit Begeisterung an, es zeigten sich auch schnell Erfolge.
Kiphard konnte zweifellos gut motivieren: Er war Sportpädagoge, aber auch Artist, Zauberer und Clown im Zirkus. Er spielte mehr mit den Kindern, als sie anzuleiten. In der Gütersloher Westfälischen Jugendklinik entwickelte er gemeinsam mit den Ärzten Elisabeth Hecker und Helmut Hünnekens die PMÜ (Psychomotorische Übungsbehandlung).
Sie verband die klassische Bewegungspädagogik mit weiteren pädagogischen und therapeutischen Ansätzen, so zum Beispiel mit der Kleinkindergymnastik nach Diem, einer rhythmisch-musikalischen Erziehung nach Scheiblauer und Pfeffer, mit der Montessori-Pädagogik, dem Biodrama nach Plätzer, dem Hatha-Yoga und der Ausdruckstherapie nach Schwung. Sein Hauptwerk „Bewegung heilt“ veröffentlichte Kiphard 1963.
Es besitzt trotz diverser Weiterentwicklungen nach wie vor Gültigkeit und beschreibt Übungen, Spiele, die Förderung von Wahrnehmung, Behutsamkeit und Selbstbeherrschung sowie die erfinderische Selbsttätigkeit auch mithilfe der Pantomime.